April 15, 2019
Germany

Sturmschaden an Windrad bei Brauel: Zwei Unfälle in 30 Jahren

15.04.19 VON GERHARD STERNITZKE az-online.de

Kein Flugzeugabsturz, sondern das zerschellte Rotorblatt eines Windrads bei Brauel. Die Ursachenforschung wird erst abgeschlossen, wenn der Gutachter auch den Stumpf sieht. © Sternitzke

Brauel – Im Februar passiert das, was eigentlich ausgeschlossen sein soll. Das Rotorblatt eines 140 Meter hohen Windrads reißt im Sturm ab und stürzt in die Tiefe (AZ berichtete).

Von der Gewalt des Ereignisses zeugen die Trümmerteile des zerschellten Flügels am Fuß der Anlage bei Brauel. Zu Schaden kam niemand. Das Windrad befindet sich draußen auf freiem Feld. Doch es bleibt die Frage: Wie gefährlich sind die modernen Windmühlen?

Die Ursachenforschung ist noch nicht abgeschlossen, betont Carsten Schwarz, Leiter der Betriebsführung, bei der Firma Energiekontor, die zwischen Hanstedt II und Wriedel insgesamt 18 Anlagen betreibt. Bislang konnte der Gutachter den Stumpf in 100 Metern Höhe noch nicht in Augenschein nehmen. Das soll geschehen, wenn der beschädigte Rotor in vier bis sechs Wochen abgenommen wird, um ihn auszutauschen.

„Der Gutachter kann anhand der Risse erkennen, wie der Schaden entstanden ist“, erklärt Schwarz. Fest steht aber, dass schwere Sturmböen durch den Landkreis Uelzen fegten. „Wir hatten an diesem Tag sehr massiven Wind mit drehendem Charakter. Das war eine extreme Belastung für die Anlage“, berichtet Schwarz. Dem hielt der 37 Meter lange Flügel aus glasfaserverstärktem Kunststoff nicht stand.

Nach dem Unfall, der mit einem Sachschaden von 100 000 bis 150 000 Euro zu Buche schlägt, hat das Energiekontor zunächst alle vier Windkraftanlagen des Teilwindparks Brauel stillgelegt. Seit der Überprüfung der fast 17 Jahre alten Anlagen durch einen Gutachter drehen sich die drei unbeschädigten Räder wieder, allerdings gedrosselt auf Windgeschwindigkeiten bis zehn Stundenkilometer, wie Schwarz erläutert. „Bei höheren Geschwindigkeiten drehen sich die Anlagen aus dem Wind.“

Wie steht es also um die Sicherheit? Der TÜV-Verband hat sich im vorigen Jahr für umfassendere Kontrollen in engeren Abständen ausgesprochen. Jedes Jahr kommt es nach Berechnungen des TÜV zu 50 gravierenden Schäden. „Unfälle wie abknickende Türme, berstende Rotorblätter oder Brände nach Blitzschlag sind ein Sicherheitsrisiko für Menschen und Umwelt, zumal Windparks immer näher an Straßen und Siedlungen heranrücken“, wurde Geschäftsführer Dr. Joachim Bühler zitiert. „Im Grunde ist es nur eine Frage der Zeit, bis bei einer Windrad-Havarie Menschen zu Schaden kommen.“

Hier widerspricht Carsten Schwarz energisch. Das Risiko sei minimal. „Wir haben 700 Anlagen im In- und Ausland. Das ist der zweite Fall in 30 Jahren unseres Bestehens“, betont Schwarz. Der andere Fall in Brandenburg sei auf menschliches Versagen zurückzuführen.

Schon jetzt würden die Rotorblätter bis zum Alter von zwölf Jahren alle vier Jahre überprüft. Erledigt werden diese Kontrollen von zertifizierten Firmen. Kleinere Reparaturen würden gleich mit erledigt. Für die zerstörte Anlage war der TÜV in diesem Jahr fällig. Die Windräder sind auf 20 Jahre Laufzeit ausgelegt. „Unsere Erfahrungen sagen, dass 30 Jahre kein Problem sind“, erklärt Schwarz. Moderne Windräder seien mit Sensortechnik ausgestattet, die etwa Vibrationen frühzeitig registrierten.

Seit 2002 hat das Unglückswindrad bei Brauel geschätzte 40 Millionen Kilowattstunden Strom produziert.


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