March 15, 2018
Germany

Windrad erschlägt Seeadler — Wind turbine kills another eagle

Ein Seeadler ist am Wochenende bei Wernikow durch ein Windrad erschlagen worden. Mitarbeitern der Wildtierauffangstation in Struck haben den toten Greifvogel gefunden. Ob er eine Brut zu versorgen hatte, ist unklar. Im Land Brandenburg sind bereits 48 der geschützten Tiere durch Windräder zu Tode gekommen.

Uwe und Angie Löblich von der Wildtierauffangstation in Struck mit dem bei Wernikow gefundenen Adler.

Wernikow. Ein Seeadler wurde am Samstagnachmittag von einem Windrad nahe Wernikow erschlagen. Der Vogel lag tot auf dem Feld, als ihn Uwe und Angie Löblich von der Wildtierauffangstation in Struck (Prignitz) auf dem Acker fanden. Sie waren eigentlich auf der Suche nach geeigneten Orten, um Schwäne auszuwildern. Doch sie mussten feststellen, dass Wasserflächen noch gefroren waren, sich also für die Auswilderung noch nicht eigneten.

Windrad traf Seeadler am Flügel

Stattdessen fanden sie den Seeadler. Das Windrad hatte ihn offensichtlich am Flügel getroffen. Denn er war gebrochen – das Blut noch frisch. Hätte er schon längere Zeit dort gelegen, hätten ihn wohl Raubtiere gefressen.

Ornithologe Jürgen Kaatz: Gefährliche Turbulenzen am Rotorblatt

Windräder werden Greifvögeln oder Störchen immer wieder zum Verhängnis. „Sie nehmen die Rotorblätter als einen Schleier wahr“, sagt Ornithologe Jürgen Kaatz. Sie können die Geschwindigkeit der Rotorblätter an den Spitzen nicht einschätzen. Gefährlich seien aber auch die Wirbelschleppen – Turbulenzen in der Luft hinter dem drehenden Rotorblatt.

Die Fundkarte der Staatlichen Vogelschutzwarte Brandenburg weise laut Kaatz aktuell 144 Seeadler aus, die durch Windräder zu Tode kamen (Stand: 11. Januar 2018). Brandenburg belege dabei eine unrühmliche Spitzenposition. 48 tote Seeadler gingen auf das Konto von Windrädern. Zum Vergleich: In Mecklenburg Vorpommern seien es 39; in Schleswig Holstein 37. „Das sind nur die offiziellen Zahlen. Es ist von einer Dunkelziffer auszugehen“, sagt Ornithologe Jürgen Kaatz.

Das bestätigen die Löblichs: Jährlich erfahren sie von ein bis zwei Fällen von tierischem Tod an Windrädern. Wie viele Vögel aber gefunden und nicht gemeldet oder von Raubtieren weggeschleppt werden, wisse niemand.

Brut würde verhungern

Möglicherweise hatte der bei Wernikow erschlagene Seeadler bereits eine Brut zu versorgen. Das lasse sich nicht genau sagen. Der männliche Vogel sei nicht beringt, aber etwa vier Jahre alt gewesen – gerade an der Schwelle zur Geschlechtsreife. Kaatz hofft, dass er keine Nachkommen zu versorgen hatte, denn dann würden auch sie verhungern. Seeadler brüten ab Mitte Februar.

Im Altkreis Wittstock seien laut Kaatz vier Seeadler-Reviere bekannt. Real könnten es sechs bis sieben sein. Adler bräuchten sehr lange, um wieder einen neuen Partner zu finden, sollte dem anderen etwas zugestoßen sein.

Uwe Löblich: „Du merkst den Schmerz des Tieres“

Welches Leid hinter dem statistischen Zahlenwerk steckt, wissen Uwe und Angie Löblich nur zu gut. „Ich hab’ ihn gehalten. Und du merkst den Schmerz des Tieres. Das geht dir so in die Knochen“, erzählt Uwe Löblich, als er einen Storch im Arm hatte, dem der Schnabel größtenteils abgetrennt worden war. Andere Vögel würden zerteilt oder ihnen die Flügel abgerissen oder die Beine durchtrennt. Einige seien tot, andere halb tot, berichten die Löblichs. Mancher verletzte Vogel schleppe sich bis an die Straße, wohl in der Hoffnung gefunden zu werden. „Die Menschen sollten sich mal vorstellen, dass es ihre Kinder wären, die da hineingeraten. Vielleicht wachen sie dann mal auf“, sagt Uwe Löblich. Doch so lange die Politik nichts dagegen unternehme, würden weiterhin geschützte Vögel in den Rotorblättern den Tod finden.


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