February 14, 2015
Germany

Fledermäuse stoppen in Blumberg die Windkraft

Holger Niederberger | Südkurier | 27.01.2015 | www.suedkurier.de

[Bats stop wind power in Blumberg]

Nachdem die Museumsbahn von den Tieren noch ausgebremst wurde, verhindern sie jetzt die Verspargelung der baaremer Kulturlandschaft.

Als das Regierungspräsidium Freiburg den Lokomotivführern der Sauschwänzlebahn untersagte, über die Wintermonate aus Gründen des Artenschutzes die Kessel anzuheizen, da war in Teilen der Öffentlichkeit die Aufregung groß. Denn wie kann es sein, dass einige in den Tunneln der strategischen Bahnlinie überwinternde Mopsfledermäuse die nach den Triberger Wasserfällen besucherstärkste Tourismus-Attraktion im Schwarzwald-Baar-Kreis ausbremsen? Immerhin steckte und steckt das Land zig Millionen Euro in die Sanierung der Wutachtalbahn und ihrer zahlreichen Bauwerke. Und wenn die Stadt Blumberg den vielen Freunden der Wutachtalbahn mittels Fahrten durch eine verschneite Bilderbuchlandschaft neue Reize bieten möchte, dann darf das an ein paar mit Flugmembranen ausgestatteten Kleinsäugetieren doch nicht scheitern. Auch viele Narren konnten die Entscheidung der Behörde nicht nachvollziehen und so wurde die Mopsfledermaus bei Programmabenden in Büttenreden und von Gruppen bei der Straßenfasnacht immer wieder thematisiert.

Doch Fledermäuse haben aus lokalpolitischer und nicht zuletzt optisch-ästhetischer Sicht auch ihr Gutes: Zusammen mit anderen Vögeln wie Rot- und Schwarzmilan oder dem Wespenbussard verhindern sie, dass die Raumschaft Blumberg mit Windenergieanlagen zugepflastert wird. Das geht mittelbar aus einer Studie über Windenergie hervor, die bei der nächsten Gemeinderatssitzung am Donnerstag, 29. Januar (Beginn im Bürgerhaus Biesental-Epfenhofen ist um 18 Uhr), eine Rolle spielen wird. Dann sollen die Gemeinderäte darüber entscheiden, dass nur eines von fünf möglichen Gebieten dem Landratsamt als sogenannte Konzentrationszone für Windenergie zur Genehmigung vorgelegt wird: nämlich der Ettenberg.

In der Diskussion als Windenergieanlagen-Standorte waren nach einer Bestandsaufnahme auch noch die Tannhalde, der Blaue Stein, der Randen sowie der Hohe Randen. Auffallend an allen genannten Konzentrationszonen: Es ist in keinem Fall das Kriterium „Schutzgut Mensch“, das die Riesenspargel in den jeweiligen Gebieten verhindert – weil die nächsten Siedlungen einfach zu weit entfernt sind und deshalb, so die Studie „keine erheblichen negativen Umweltauswirkungen“ zu erwarten seien. Auch die anderen Bewertungsmaßstäbe wie Klima, Luft oder der Schutz von Kultur- und Sachgütern spielen nur eine marginale Rolle. Konflikte seien vielmehr mit den Schutzgütern Pflanzen, Tiere, biologische Artenvielfalt und Artenschutz zu erwarten, urteilen die Gutachter. Dass die Landschaft rund um Blumberg von hoher Bedeutung für die Tier- und Pflanzenwelt ist, wird allein schon dadurch dokumentiert, dass große Teile der Raumschaft als FFH (Fauna, Flora, Habitat)-Gebiete beziehungsweise europäische Vogelschutzgebiete ausgewiesen sind.

Greifvögel und Fledermäuse gehören nun zu den Vogelarten, für die Windenergieanlagen zu tödlichen Fallen werden können. Laut dem Naturschutzbund Deutschland wird ein Teil der Fledermäuse an den Rotorblättern geschlagen, ein anderer Teil fällt einem Barotrauma zum Opfer: Bedingt durch Verwirbelungen und den Druckabfall hinter den Rotorblättern platzen die Lungen und inneren Organe der Fledermäuse. Hochrechnungen gehen davon aus, dass bis zu 200 000 Tiere jährlich an deutschen Windenergieanlagen verunglücken. Umstritten ist, welche Auswirkungen die Windenergienutzung insgesamt auf die Populationsentwicklung der betroffenen Fledermausarten hat und ob die Windräder als Todesfalle entschärft werden können.

Ettenberg
Der Ettenberg liegt im Nordosten von Blumberg auf Riedöschinger Gemarkung. Das Gelände erhebt sich dort bis auf 860 Meter. Die Stadt schafft zwar den rechtlichen Rahmen, damit auf dem Ettenberg in Zukunft Windräder gebaut werden dürfen. Ob das aber tatsächlich passiert, steht aber auf einem ganz anderen Blatt. Denn die sogenannte Windhöffigkeit (Maß zur Eignung von Standorten für Windenergieanlagen) liegt hier nur bei 5,25 bis 5,50 – weshalb Fachleute von einer „bedingten Nutzbarkeit“ sprechen. Auf dem Randen beziehungsweise Hohen Randen liegt die Windhöffigkeit bei bis zu 6,50. Fachleute sprechen hier von einer „guten Nutzbarkeit“. (hon)

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