December 29, 2012
Czech Republic, Germany, Poland

Polnische Quittung für deutsche Energiewende

Von Daniel Wetzel | Die Welt | 29.12.12 | www.welt.de

Für ihr Öko-Wunder hat die Bundesrepublik die Netze der Nachbarstaaten genutzt – ohne um Erlaubnis zu fragen. Für diese kurzsichtige Politik bekommt die Regierung jetzt die Quittung.

Deutschland, das ökologische Weltgewissen: Mit dem Atomausstieg und der Energiewende wollte die Bundesregierung der Welt ein nacheifernswertes Vorbild sein. Geblendet vom eigenen Heiligenschein, hat sie allerdings übersehen, dass andere für diesen grünen Imagegewinn zahlen müssen und unter ihm zu leiden haben.

So hat Deutschland für sein Ökostrom-Wunder die Stromnetze der Nachbarstaaten in Anspruch genommen, ohne um Erlaubnis zu fragen und ohne dafür zu bezahlen. Jetzt ziehen Polen und Tschechien den Stecker und bauen gewaltige Schalter an den Grenzen auf, weil sie für den ohnehin ungebetenen Import deutschen Grünstroms keinen Blackout riskieren wollen.

Noch mehr Zwangsabschaltungen von Windparks

Die Nachbarn handeln in Notwehr, niemand kann ihnen einen Vorwurf machen. Die Stromblocker an den Grenzen fragmentieren den europäischen Binnenmarkt für Elektrizität. Sie machen Deutschland zur elektrischen Insel im europäischen Energieverbund, mit einstweilen unklaren Folgen für die Versorgungssicherheit.

Und sie sorgen für noch mehr Zwangsabschaltungen von Windparks in Deutschland und damit für weitere “Nebenkosten” der Energiewende in mindestens dreistelliger Millionenhöhe.

Der Bundesregierung hat es gefallen, Entscheidungen wie den Atomausstieg mit europaweiten Auswirkungen ohne Konsultation der Partnerländer durchzuziehen. Der Ökostrom-Ausbau wurde ohne Rücksicht auf Transportkapazitäten durchgepeitscht. Für ihre kurzsichtige, aktionistische und egozentrische Energiepolitik bekommt die Regierung jetzt die Quittung präsentiert.


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